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Die Entstehung & Bedeutung von Mustern

Digital-analoger Kaleidoskop-Bau

Das Projektthema bildete einen Ausschnitt im Rahmen des einmal wöchentlich stattfindenden, 90minütigen Begabten-Förderkurses (Bega) der Pusteblume-Grundschule in Berlin-Hellersdorf mit dem Schwerpunktthema Robotik. Dadurch gibt es viele Schnittmengen zu Mathematik, Coding, Sensorik, Mechanik, Elektrotechnik. Im Vorfeld der Online-Kurse fanden bereits Präsenztermine in der Grundschule statt. Während dieser Termine wurde bereits die Themen Computertechnik, Sensorik und - beginnend - Programmierung behandelt.

Das Projekt war der Versuch, dass sich die Schüler*innen mithilfe einer von uns live per Videokonferenz instruierten Anleitung und eines vorkonfektionierten Bausatzes zunächst selbst ein Kaleidoskop bauen, um es ausprobieren, zu modifizieren und sich damit anschließend Raum für Forschendes und Entdeckendes Lernen zu geben. Die von allen Schüler*innen angefertigten Kaleidoskope dienten als Impuls, Gesprächsanlass und Einführung in den Begriff “Muster”. Bei der Beschäftigung mit Robotik wurde die Bedeutung von Mustern im weiteren Verlauf des Bega-Kurses immer wieder Thema, z. B. für die sog. KI/ Maschinelles Lernen, Algorithmen für die Gesichtserkennung, Automatisiertes Fahren etc.

Ziele

Weil sich in der Lockdown-Phase der Präsenzunterricht dramatisch reduzierte und die Schüler*innen viel Zeit zu Hause und allein bzw. mit Schul-Arbeitsblättern verbrachten, sollte ihnen während einer angeleiteten Videokonferenz-Situation die Möglichkeit gegeben werden, zunächst in den Modus des einfachen handwerklichen Tuns zu kommen. Dabei stand im Vordergrund, dass alle:

  • mit simplem Material nach Anleitung umgehen
  • relativ zügig sichtbare Fortschritte erzielen
  • etwas Konkretes erfolgreich fertigstellen und wir trotzdem thematisch nah am Kursinhalt bleiben.

Die daraus entstandenen Ergebnisse sollten gegenseitig präsentiert werden, um alle untereinander in einen Austausch treten zu lassen, durch Vergleich der erzielbaren Effekte ihr Gespür für geeignetes Material nochmal geschärft und die Motivation zum eigenständigen Ausprobieren und Variieren geschaffen werden. Im weiteren Verlauf dienten die Ergebnisse als Impuls, sich auf kleinschrittigen Wegen dem mehrdeutigen Begriff “Muster” zu nähern.

  • Was sind Muster? Wie erkläre ich jemandem, was Muster sind?
  • Wo überall kommen Muster vor?
  • Wie können bzw. wieso sollen Roboter oder Computer sie erkennen und verarbeiten?

Der Verlauf der thematischen Auseinandersetzung sollte mit weiteren Fotos ergänzt, mit geeigneten Impulsfragen weitergeführt und in Gang gehalten werden.

Ablauf

Rechtzeitig vor dem regulär verabredeten Videokonferenz-Termin stellten wir allen teilnehmenden Schüler*innen je eine gleiche Materialbox im Sekretariat der Pusteblume-Grundschule zur Abholung für zu Hause bereit (Video “Materialbox Kaleidoskop”). Die Box enthielt alle benötigten Teile und Materialien zum Bau eines einfachen, aber im Endeffekt sehr variabel gestaltbaren Kaleidoskops. Außerdem war die Box mit einem aufgedruckten Hinweis versehen, dass sie erst während der nächsten stattfindenden Videokonferenz zu öffnen sei (nach Aufforderung durch uns). Die Schüler*innen wussten also vor der Videokonferenz noch nicht, was Inhalt der Materialbox (und somit Thema der Videositzung) ist. Die Box wurde während der Videokonferenz von allen geöffnet, die Teile nach unserer Anweisung gleichzeitig Schritt für Schritt zusammengesetzt. Für das Befüllen der Schraubdeckeldose mit Material wurde mehr Zeit zum Ausprobieren eingeräumt, weil dort Variationen und Änderungen erwünscht waren.

Digital trifft analog

​​Durch das Medium der Videokonferenz waren wir in der Lage, überhaupt Kontakt zu den Kindern zu halten und trotz der widrigen Umstände den Kurs auch inhaltlich fortzuführen. Da der Kurs naturwissenschaftlich-technische Grundlagen v.a. über Anschaulichkeit vermitteln soll - also dass die Kinder selbsttätig handelnd Zusammenhänge herausfinden - traf die Umstellung auf das Online-Format alle Beteiligten hart. Mit dem Online-Kaleidoskop-Bau war es möglich, sowohl auf digitalem Weg etwas Konkretes zu konstruieren als auch die Abstraktionsebene zu wechseln - also von der analogen Mustererzeugung den Bogen zu digitalen Mustererkennung bis hin zu Grundlagen Maschinellen Lernens zu spannen.

Interessant wurde das Projekt, als die Teilnehmenden aufgefordert wurden, ihre selbst gebauten Kaleidoskope zu testen. Funktionieren sie gut und erzeugen schöne Effekte (s. Video “Kaleidoskopeffekte” und Bild “Kaleidoskop Muster”), dann bestand das Bedürfnis, dies den Anderen zu zeigen, sie daran teilhaben zu lassen. Dies geschah sowohl im gemeinsamen Raum als auch in den geteilten Räumen (Breakout-Sessions) in serieller Weise mit der Gelegenheit für die Schüler*innen, die bewegten Bilder zu kommentieren.
Das begleitende Fotomaterial (s. Ordner “things with faces”, “Dog or Muffin” “Ostereier-Malbot”, Sorbische Ostereier-Muster, “Merkmale Gesichtserkennung” etc.) unterstützte die gesamte Veranstaltung und wurde durch die Whiteboard-Funktion des Videokonferenz-Tools auch interaktiv von den Kindern genutzt, um Anmerkungen, Erklärungen, Vermutungen zu den besprochenen Inhalten darzustellen.

Highlights

Bemerkenswert war die uneingeschränkte Bereitschaft aller SuS, zu Hause etwas mit den Händen basteln zu wollen. Spaß hatten alle dabei, andere an den Effekten ihres Kaleidoskops teilhaben zu lassen und Vergleiche anstellen zu können.

Einige waren überrascht über die Effekte des Kaleidoskops, obwohl sehr verbreitet und auch als Spielzeug sehr bekannt. Verblüfft waren alle Beteiligte über die gute Darstellbarkeit der Mustererzeugung des Kaleidoskops über die iPad- und einiger Handy-Kameras. Der Transfer zu ersten Definitionsversuchen des Begriffs “Muster” war erfolgreich: Auf die Kriterien “Regelmäßigkeit” und “Wiederholungen”, die zum Erkennen von Mustern zutreffen, konnten wir uns im Gespräch alle einigen. Der Transfer zu technischen/ technologischen Möglichkeiten der Mustererkennung hat gut funktioniert.

Herausforderungen & Tipps

Einige hatten sehr schlechte Internetverbindungen. (Wir Anleitende leider z.T. auch.) Einige Schüler*innen hatten unzureichend ausgestattete Endgeräte bzw. arbeiteten mit einem Mobilfunktelefon mit sehr kleinem Display. Die Annahme, dass Basis-Bastelbedarf wie ein Klebestift, eine Schere und ein Blatt Papier zu Hause allen Teilnehmenden zur Verfügung stehen würde, erwies sich als falsch und führte bei einigen zu Frustration, die wiederum in diesem Setting schlecht von den Anleitenden aufgefangen werden konnte. Bei der Hinführung zum erweiterten Begriff “Muster”und seines Klärungsversuchs war es für die Schüler*innen zunächst schwierig, sich vom Gegenstand des Kaleidoskops zu lösen. Hier war Fotomaterial hilfreich, das per Bildschirm-Teilen-Funktion allen zugänglich gemacht wurde.

Die Planung und Kommunikation im Vorfeld mit den Schüler*innen und dem Schulsekretariat war sehr wichtig und musste lückenlos funktionieren, damit das Material allen rechtzeitig zur Verfügung stand. Es muss für alle Teilnehmenden genügend Zeit für die schrittweise erfolgende Bauanleitung eingeräumt werden. Das erfordert, dass die Anleiter alle in der Videokonferenz Anwesenden im Blick behält - nicht immer einfach.

Fazit

Weil wir bedarfsorientiert denken und handeln wollen, finden wir, dass es eine reizvolle Herausforderung darstellt, in eine Videokonferenz noch mehr Anteile klassischer analoger Bildungsformate dieser oder anderer Art mit einfließen zu lassen. Dadurch erhalten diese Angebote einen ganzheitlichen Charakter und können auf eine größere Akzeptanz bei Lernenden stoßen. Deshalb hat sich dieser Versuch gelohnt. Der gewonnene Erfahrungsschatz wird in weiteren hybriden Angebotsformaten berücksichtigt werden.

Wer

  • Karoline Klaus
  • Harald Weis
  • KON TE XIS Bildungswerkstatt

Fakten

  • ab dem 25.02.2021
  • im Rahmen des Begabten-Förderkurses (Bega) der Pusteblume-Grundschule (Schwerpunktthema Robotik)
  • interessierte Schüler*innen der 3. und 4. Klassen, die von Lehrkräften in Absprache mit den Eltern für das Bega-Kurs-Programm ausgewählt wurden

Material

  • Pro Kind eine verschließbare Kartonbox mit vorgefertigtem Bastelmaterial zum Bau von Kaleidoskopen 
  • unterstützendes Fotomaterial zum Thema Mustererkennung/Gesichtserkennung, Optische Täuschungen (siehe Ordner “Bildmaterial Online-Sitzungen”).
  • iPads, Notebooks, Handys, Webex-Konferenz-App