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Bewegt euch!!

Warum ist Sport und Bewegung aus Ihrer Sicht für Kinder und Jugendliche wichtig? 
Thomas Härtel: Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang und den gilt es zu erhalten und zu fördern. Wir alle wissen, dass Bewegung gesundheitsfördernd ist und auch, dass Bildungserfolge und Bewegung zusammenhängen. Kinder und Jugendliche sitzen sehr viel – auch im Unterricht. Davon können sie müde und unkonzentriert werden. Da kommt dann die zentrale Bedeutung von Bewegung ins Spiel, denn Bewegung fördert die geistige Fitness – im Alltag und überall sonst auch. 

Welchen Stellenwert sollten Sport und Bewegung in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche haben? 
Thomas Härtel: Sport und Bewegung haben einen hohen Stellenwert in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Dazu zähle ich nicht nur die Sportstunde. Es ist auch notwendig bewegte Pausen sowie einen bewegten Alltag zu haben. Es gibt fast nur noch Ganztagsschulen – gerade dort sollte ausreichend Bewegung integriert werden. Wir (Anm. d. Red.: Landessportbund Berlin) werben dafür, dass die Schulen die Integration von Bewegungselementen im Schulalltag berücksichtigen. Die Kinder und Jugendlichen brauchen Abwechslung. Sie sollten regelmäßig durch verschiedene Bewegungsangebote neugierig für den Sport gemacht werden. An dieser Stelle müssen Kooperationen zwischen Schule und Vereinen ermöglicht werden. Wir leisten diesbezüglich einen wesentlichen Beitrag mit unserer Sportjugend bis hin zu den Profivereinen. Unser Anliegen ist es, die Kinder nicht von vornherein in eine Sportart zu drängen, sondern ihnen die Vielfalt des Sports aufzuzeigen. Jedes Kind soll ein Gefühl entwickeln, welche Sportart zu ihm passt. 

Sie haben gesagt, dass es Ihr Anliegen ist Kindern und Jugendlichen die Vielfalt des Sports aufzuzeigen. Wie wichtig ist es in dieser Hinsicht den Breitensport zu fördern? 
Thomas Härtel: Es ist eine zentrale Aufgabe der Landessportbünde sicherzustellen, dass der Breitensport im Fokus steht. Durch breitensportliche Aktivitäten wird zum einen die Neugier der Kinder geweckt und zum anderen die Kontinuität in der sportlichen Bewegung durch die Vielfalt der Angebote unterstützt. Daher muss der Breitensport auf den unterschiedlichen Ebenen unterstützt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass geeignete Sportflächen − sowohl Sporthallen als auch ungedeckte Sportanlagen − vorhanden sind. Aber auch dafür, dass es ausreichend Trainer*innen und Übungsleiter*innen gibt, die für den Kinder- und Jugendsport qualifiziert sind. Unser Ziel ist es, möglichst viele Kinder und Jugendliche an den Sport zu binden. 

 

In der heutigen Zeit nimmt der mediale Zeitvertreib immer mehr Raum und Zeit bei Kindern und Jugendlichen ein. Die Folge ist, dass sie sich weniger bewegen. Haben Sie eine Idee, wie wir diesem Trend entgegenwirken können? 
Thomas Härtel: Auch durch digitale Angebote können Kinder und Jugendliche motiviert werden, sich zu bewegen. Während der Corona-Pandemie haben wir gemerkt, dass Kinder und Jugendliche und auch deren Familien über digitale Bewegungsangebote von Vereinen erreicht werden können. Natürlich treibt uns auch die Sorge, dass Kinder immer mehr vor dem Bildschirm sitzen. Gerade jetzt, wo auch E-Sport immer beliebter wird. Digitale Angebote sollten jedoch nicht verteufelt werden. Es geht vielmehr darum zu überlegen, wie diese sinnvoll genutzt werden können. Durch sportaffine Computerangebote können Sportarten visuell kennengelernt werden, es kann das eine oder andere Spiel gemacht werden. E-Sport kann also durchaus motivierend sein und die Neugierde an unterschiedlichen Sportarten wecken. Diese Neugierde der Kinder und Jugendlichen sollte aufgegriffen werden. In Vereinen oder Verbänden können dann beispielsweise entsprechende Angebote zu diesen Sportarten gemacht werden. Während der Corona-Pandemie wurde sehr deutlich, dass das Wichtigste immer noch das gemeinsame Sporttreiben ist. Es ist ein anderes soziales Miteinander, wenn Kinder oder Jugendliche gemeinsam auf dem Platz stehen und beispielsweise Fußball spielen. Dort lernen sie zusammen, wie andere oder auch sie selbst auf Niederlagen, Siege und Enttäuschungen reagieren und finden Freund*innen. Das sind essentielle Aspekte in der Entwicklung eines Kindes und Jugendlichen und deswegen ist das Miteinander im Sport das Entscheidende. 

Was haben Sie als Kind für Sport gemacht? Welchen Stellenwert nimmt Sport derzeit in Ihrem Leben ein? 
Thomas Härtel: Ich war in meiner Jugend Ruderer und habe auch Tennis gespielt. Ich rudere heute noch, auch wenn nicht so häufig. Zudem jogge ich regelmäßig. Ich bin viermal einen Halbmarathon gelaufen. Laufen ist eine Sportart, die besonders für berufstätige Menschen geeignet ist, die nicht die Zeit haben, einem Mannschaftssport nachzugehen. 
Meine größte Herausforderung hatte ich allerdings vor zwei Jahren und die werde ich auch wieder im nächsten Jahr haben – nämlich Vogalonga. Das heißt „langes Rudern“. Es findet jährlich am Pfingstsonntag in Venedig statt. Vogalonga ist aus einer Protestbewegung gegen die großen Kreuzfahrtschiffe, die in Venedig einkehren, entstanden. Es sind nur Boote erlaubt, die mit Muskelkraft fortbewegt werden. Wir sind die 34 Kilometer lange Strecke um und durch Venedig gerudert. Das Spannende dabei ist auch, dass uns immer wieder Menschen angesprochen haben. Sie sind auf die Aufschrift „Berlin“ auf unseren Trikots aufmerksam geworden. Viele haben das mit dem Berlin-Marathon in Verbindung gebracht. Das zeigt sehr schön, was Sport bewirken kann: Er verbindet und man kommt schnell ins Gespräch. 

Wie stehen Sie zu der These, dass es die richtige Sportart für jede*n gibt und manchmal viele Sportarten ausprobiert werden müssen, bis die passende gefunden wurde? 
Thomas Härtel: Es gibt für jede*n eine Sportart. Und da sind wir wieder bei dem Punkt, dass wir die Neugierde der Kinder für verschiedene Sportarten wecken müssen. Es ist falsch von vornherein zu sagen: „Mein Kind wird Turner*in“ oder „Mein Kind wird Fußballer*in oder Handballer*in“. Wir stellen oft fest, dass Eltern an dieser Stelle sehr fordernd sein können. Das kann dazu führen, dass Kinder Unlust an einer Sportart entwickeln und diese nicht mehr ausführen wollen. Durch Kooperationsangebote zwischen Schule und Vereinen sollten Kinder die Möglichkeit haben die breite Vielfalt des Sports kennenzulernen. Sie müssen ein Gefühl dafür entwickeln, was die richtige Sportart für ihre Größe, ihre Fähigkeit ist. Es ist in unserem Interesse, die Kinder nicht in eine Sportart zu drängen, da damit oft Enttäuschung verbunden ist. Sport soll Freude machen und Sport kann auch anstrengend sein. Dennoch möchte ich betonen: Kinder sind noch keine Leistungssportler*innen und müssen auch keine werden. Wir wünschen uns natürlich, dass auch einige leistungssportlich aktiv werden. An dieser Stelle ist aber ein behutsames Vorgehen gefragt. Einige Sportarten sollten zum Beispiel erst ab einem bestimmten Alter leistungssportlich betrieben werden, damit keine gesundheitlichen Schäden entstehen. 

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Diesen Interviewauszug können Sie komplett in der Begeistern und Bilden 1/2022 nachlesen.

 

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